Als Ruhrwerk 2009 die erste Netzwerk-Party plante, war es die Herner Sparkasse, die dem jungen und noch unbekannten Verein als Sponsor ihr Vertrauen schenkte. Daran hat sich in den vergangenen 15 Jahren nichts geändert. Was die Herner Sparkasse von anderen Banken und Geldinstituten unterscheidet, darüber sprachen die Vorstände Antonio Blanquez und Dirk Plötzke mit Ruhrwerk-Gründerin Cordula Klinger-Bischof und der Journalistin Susanne Schübel.
Ruhrwerk: Seit 15 Jahren darf der Verein Ruhrwerk auf die Unterstützung der Herner Sparkasse zählen. Erinnern Sie sich noch an den Anfang?
Dirk Plötzke: Ich kann mich sehr gut an die Stunde Null erinnern. Damals war ich noch Leiter des Vorstandssekretariats. Unsere Kollegin Michele Wolfram, die damals für Sponsoring zuständig war, erzählte mir, dass sich in Herne Unternehmerfrauen zusammengetan haben, die eine Netzwerkparty auf die Beine stellen wollen. Als Vater habe ich zuerst gedacht, die Damen wollen sich mit ihren Computern zusammenschalten. Dann war schnell klar, was mit Netzwerk gemeint war. Die Idee, Unternehmen zusammenzuführen, um etwas Gutes zu bewegen, hat uns von Anfang an überzeugt. Daraufhin haben wir es dem Vorstand – damals noch die Herren Hans-Jürgen Mulski und Antonio Blanquez – vorgeschlagen. Und was daraus geworden ist, das sehen wir heute nach 14 Jahren: Ruhrwerk hat eine Erfolgsstory geschrieben. Die Art und Weise, wie sich der Verein und seine Veranstaltungen entwickelt haben, ist wirklich bemerkenswert.
Antonio Blanquez: Ruhrwerk hat uns damals Projekte vorgestellt, die wir als Sparkasse mit unserem sozialen Auftrag sehr gut vereinbaren konnten. Wir haben als kommunales Geldinstitut nicht nur den Auftrag, die heimische Bevölkerung und die heimische Wirtschaft mit Kreditmitteln zu versorgen und den Spargedanken zu fördern, sondern durch Spenden und Sponsoring auch jene zu stärken und zu unterstützen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen. Das tun wir in großem Maße und sehr gerne. Die eine oder andere Aktivität wäre in Herne ohne unser Engagement sicher nur schwer realisierbar.
Ruhrwerk: Welche Mittel stehen als Förderung zur Verfügung?
AB: Wir haben mehrere Töpfe, aus den wir Initiativen und Projekte begleiten können. Da gibt es zunächst die Sparkassenlotterie – auch PS-Zweckertrag genannt. Diese sieht vor, dass unsere Kunden einen Teil ihres Geldes sparen und einen Teil in die Lotterie einzahlen. Daraus werden die Beträge gespeist. Je mehr unsere Kunden sparen, desto größer wird der Fördertopf. Das ist in den vergangenen Jahren eine regelrechte Erfolgsstory geworden, wir eilen da von Jahr zu Jahr zu immer neuen Rekordbeträgen. 2023 konnten wir 140.000 Euro an rund 40 Institutionen ausschütten. Hinzu kommen normale Spendenaktivitäten. Wir spenden und fördern damit im Sinne des Gemeinwohls Vereine, Initiativen und soziale Einrichtungen, die wichtige Beiträge in allen Bereichen der Gesellschaft leisten.
DP: Darüberhinaus verfügt die Herner Sparkasse über zwei Stiftungen. Eine Stiftung beschäftigt sich mit Kunst und Kultur im öffentlichen Raum. Die zweite Stiftung verfolgt den Stiftungszweck Bildung, Erziehung und Sport. Hier besteht es eine starke Schnittmenge mit den Ruhrwerk-Projekten. Beide Stiftungen sind mit je 1,2 Millionen Euro dotiert. Die Erträge, die wegen der Niedrigzinsphase in den vergangenen Jahren eher spärlich waren und sich langsam wieder aufbauen, sind dazu da, Projekte vor Ort zu fördern.
Ruhrwerk: Wer entscheidet über die Mittelvergabe?
DP: Die Stiftungsmittel vergibt ein Kuratorium. Dieses kommt regelmäßig zusammen, bewilligt und kann mit den Geldern sehr viel Gutes tun. Das Kuratorium setzt sich aus Menschen aus der Stadtgesellschaft zusammen, die vom Verwaltungsrat der Sparkasse oder vom Rat der Stadt in das Gremium hineingewählt werden. An der Spitze beider Stiftungen steht unser Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda als Kuratoriumsvorsitzender.
AB: Beim PS-Zweckertrag, der uns über die Verbandsebene zugewiesen wird, entscheidet der Vorstand mit weiteren Mitarbeitern nach bestimmten Kriterien über die Bewilligung der Anträge. Wir schauen uns die Anträge auf ihre Förderfähigkeit an und entscheiden so, dass wir möglichst vielen etwas zukommen lassen können. Im Moment können wir sogar sagen, dass wir fast alle Anträge positiv bescheiden können, wenn auch nicht immer mit dem gewünschten Volumen.
Ruhrwerk: Gibt es Fördergrenzen? Wer kann Anträge stellen?
DP: Ab einer gewissen Größenordnung müssen wir eine Grenze ziehen, um nicht andere Antragsteller zu benachteiligen. Die durchschnittliche Förderung lag in den letzten Jahren bei 3.500 Euro. Das ist eine Summe, mit der man etwas bewegen kann. Wenn wir nach der Entscheidung die verantwortlichen Personen und Vereinsvorsitzenden ins Haus bitten, um die Förderung entgegenzunehmen, dann kommen sie immer sehr gerne zu uns. Anträge stellen können nur als gemeinnützig anerkannte Vereine oder Einrichtungen. Gefördert werden ausschließlich Sachausgaben, keine Personalkosten. Die Antragsfrist läuft immer Ende März aus. Danach entscheiden wir und vergeben die Mittel im April. Die ersten neuen Anträge kommen dann schon im Juni.
Ruhrwerk: Gibt es auch eine Art „Ergebniskontrolle“?
AB: Eine „Ergebniskontrolle“ gibt es nicht. Selbstverständlich würden wir gerne von allen Antragstellern persönlich erfahren, was aus ihrem Projekt geworden ist, doch das ist schon allein aufgrund der vielen Projekte leider nur in Einzelfällen möglich. Wir erleben aber immer wieder, dass die Antragsteller stolz auf die Ergebnisse sind, die mit unserer finanziellen Hilfe erreicht wurden. Sie kommen dann zu uns und berichten, was alles gelungen ist. Oder sie laden einen Sparkassenvertreter zur Eröffnung einer neuen Einrichtung ein. Das nehmen wir gerne wahr und schauen uns die Erfolge voller Freude vor Ort selber an.
Ruhrwerk: Welche Projekte im Bereich Bildung und Erziehung sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
DP: Besonders erinnerlich sind mir zwei Projekte: Zum einen das Projekt „ExtraZeit Lernen“, dem die Ruhrwerk-Gala 2021 im Gysenberg einen entscheidenden Impuls gegeben hat. Da ich selbst im Verein Lernen in Herne engagiert bin, habe ich die Entwicklung selbst begleiten dürfen, wenn auch nicht mehr in verantwortlicher Position. Ein anderes Projekt, das mich sehr beeindruckt hat, war das 1. Herner Fellows Projekt im Jahr 2016, bei dem vier besonders geeignete Hochschulabsolventen als Lehrkräfte auf Zeit an Herner Schulen im Einsatz waren. Beide Projekte zeigen, was die Stadtgesellschaft in Herne ausmacht: das lebendige Zusammenwirken unterschiedlicher Akteure zum Wohle der Bürgerinnen und Bürgerinnen. Gerade in der Stiftung Bildung Erziehung und Sport legen wir großen Wert auf Langfristigkeit. Wir wollen keine Strohfeuer entzünden, sondern etwas fördern, was einen nachhaltigen Effekt hat. Bei Ruhrwerk können wir sicher sein, dass die Förderung zu 100 Prozent an der richtigen Stelle landet, weil der Verein schon so lange aktiv ist und über die Reittherapie hinaus viele andere Projekte erfolgreich durchgeführt hat. Das von außen immer wieder gespiegelt zu bekommen, macht uns umso mehr Spaß.
Ruhrwerk: Profitiert auch die Sparkasse von den geförderten Projekten?
DP: Mittelbar in jedem Fall. Als Herner Unternehmen, das Verantwortung trägt und eng mit der Stadt verwurzelt ist, haben wir größtes Interesse, eine florierende Stadtgesellschaft zu haben. Dazu gehören Bildung, Berufschancen, einem guten sozialen Gefüge und einem friedlichen Miteinander. Die kleinen Körnchen, die wir in der frühkindlichen und jugendlichen Bildung säen, die werden auf lange Sicht positive Effekte haben. Wenn es der Gesellschaft gut geht, wenn es den Menschen gut geht, geht es auch den Unternehmen gut.
Ruhrwerk: Wenn wir von Bildung und Berufschancen sprechen, dann auch über Ausbildung und Fachkräftemangel. Wie sieht es damit bei der Herner Sparkasse aus?
AB: Um als Sparkasse weiterhin erfolgreich zu sein, brauchen wir guten Nachwuchs, aber das ist mittlerweile nicht mehr ganz so einfach. Früher haben sich bis zu 400 Bewerberinnen und Bewerber für eine Stelle interessiert. Heute sind wir froh, wenn wir ausreichend geeignete Bewerbungen erhalten, von denen wir dann zwischen fünf und acht Personen einstellen. Es fällt zunehmend schwer, diese fünf bis acht Auszubildenden tatsächlich für unser Haus zu interessieren. Das hängt damit zusammen, dass der Ausbildungsberuf Bankkaufmann an Beliebtheit verloren hat. Es ist kein Beruf, den man als sexy bezeichnen würde. Er hat in den vergangenen Jahren stark unter Themen wie Vertriebsdruck gelitten, was bei jungen Menschen vielleicht Ängste oder Vorbehalte auslöst. Es fällt auch zunehmend schwer, freie Stellen nachzubesetzen. Bisher ist es uns immer noch gelungen, unseren Personalstand zu halten, doch das ist bei weitem nicht mehr so einfach wie vor zehn oder 20 Jahren. Deshalb kommt uns ein Engagement für Bildungsprojekte in jedem Fall zugute.
Ruhrwerk: Nicht nur mangelndes Interesse wird Bewerberinnen und Bewerbern heute bescheinigt, auch lückenhafte Schulkenntnisse. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
DP: Wir haben feststellen müssen, dass es bei den Bewerbern nicht nur an Interesse oder an der Qualität der schulischen Bildung mangelt, sondern auch an Zuverlässigkeit. Unser Ausbildungsleiter berichtet regelmäßig, dass von sechs Teilnehmern, die zu einem Assessment Center eingeladen werden, nur zwei erscheinen, mit etwas Glück sogar drei. Es wird auch nicht abgesagt, man bleibt einfach weg.
AB: Junge Menschen, die heute erfolgreich die Schule abschließen, entscheiden sich zumeist für ein Studium. Wir haben nur noch selten Bewerbungen von Schulabgängern nach dem Abitur. Erfolg haben wir mit unseren Bewerbungen dann wieder bei jungen Frauen und Männern, die zwei, drei Semester studiert und dann festgestellt haben, dass die Uni nichts für sie ist. Wir schätzen sehr, dass sie bereits ein Stück mehr Lebenserfahrung mitbringen, wenn sie zu uns kommen. Das ist eine gute Grundlage für eine aussichtsreiche Laufbahn in unserem Haus.
Ruhrwerk: Gibt es Ansätze, junge Menschen bereits vor dem Schulabschluss mit dem Thema Finanzen und Wirtschaft in Kontakt zu bringen?
DP: Wenn junge Menschen eine Ausbildung bei uns begonnen haben, dann tun wir alles, damit sie diese erfolgreich abschließen. Unser Ausbildungsleiter ist da sehr engagiert und erzielt sehr gute Ergebnisse. Trotzdem müssen wir mit der wirtschaftlichen Bildung viel früher anfangen. Dazu sind wir bereits mit dem Herner Bildungsdezernenten Andreas Merkendorf im Gespräch. Wenn es schon kein Fach „Wirtschaften“ im Lehrplan gibt, könnte es doch sinnvoll sein, Mitarbeitende der Sparkasse zumindest stundenweise in den Unterricht zu entsenden, wo sie ein paar Basisinformationen vermitteln. Auf diese Weise erhoffen wir uns, den Fuß zumindest ein Stück weit in die Tür zu kriegen – auch beim potenziellen Sparkassen-Nachwuchs.
Ruhrwerk: Herr Blanquez, Herr Plötzke, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Unser Foto zeigt (von links) Antonio Blanquez und Dirk Plötzke, Vorstandsmitglieder der Herner Sparkasse, mit Ruhrwerk-Gründerin Cordula Klinger-Bischof.